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Wie Sie mit Legal Tech Ihr Kanzleimarketing vorantreiben (mit Checkliste)

Von Nicole Zobel

Die meisten Konsumenten denken mittlerweile beim Thema Marketing vor allem an TV-Werbung, Influencer und Produktbroschüren. Doch zu einem guten Marketingmix gehört mehr als eine griffige Kommunikationsstrategie: Neben klassischer Preis-, Produkt-, Distributions- und Kommunikationspolitik sind heute auch Personal-, Ausstattungs- und Prozesspolitik wichtiger Bestandteil der Absatzförderung und entscheiden gegebenenfalls darüber, ob Mandanten sich gut beraten und verstanden fühlen. Und gerade der Prozesspolitik sollte im Fahrtwasser der Legal Tech-Bewegung heute auch in Kanzleien ein immer höherer Stellenwert beigemessen werden.

Lebendiger Bestandteil des Kanzleimanagements

Prozesspolitik hört sich nach Arbeit an, nach trockenen Statistiken und Zahlenkolonnen, die wieder einen Key Performance Indicator (KPI; Leistungskennzahl) mehr ergeben und für die eigentlichen Arbeitsabläufe in Kanzleien keinen nennenswerten Mehrwert mit sich bringen. Dabei kann die richtige Prozesspolitik ein sehr lebendiger Bestandteil des Kanzleimanagements werden, denn in erster Linie geht es darum, Geschäftsprozesse und Arbeitsabläufe möglichst mandantenorientiert und transparent zu gestalten und damit die Beziehung von Kanzlei zu Auftraggeber, von Berufsträger zu Mandant und schlussendlich von Mensch zu Mensch zu verbessern. Hierfür bietet Legal Tech eine ganze Reihe von Instrumenten.

Von der Schreibmaschine zu Legal Tech

Von der Schreibmaschine über das Faxgerät bis hin zum Computer und der Entwicklung handlicher Diktiergeräte – die kanzleiinterne Prozessoptimierung vergangener Jahrzehnte war geprägt durch den Einsatz neuer Hardware im Büro. Heute sind es nicht mehr die Maschinen selbst, die den Unterschied machen, sondern die Transformation einer Vielzahl analoger Prozesse in digitale Abläufe.

Ob zentral gesteuerte Telefonsoftware, Buchhaltungsprogramm oder Dokumentenmanagementsystem, der Einsatz dieser Technologien dient einerseits der Verbesserung interner Arbeitsabläufe in der Kanzlei, macht diese aber zugleich zu einem festen Bestandteil mandantenorientierten Prozessmanagements. Denn: Kurze Wartezeiten am Telefon, eine übersichtlich gestaltete Abrechnung und problemloser Zugang zu entscheidenden Dokumenten und Informationen erleichtern auch Ihrem Mandanten die Zusammenarbeit mit Ihnen, hinterlassen einen guten Eindruck und verstärken die Mandantenbindung.

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Wie Sie aus einer Notwendigkeit eine Tugend machen: Legal Tech als Marketinginstrument

Wer heute vor der Entscheidung steht, Legal Tech einzusetzen, sollte unbesorgt sein – Sie sind bereits dabei, machen Sie weiter! Ihre Kanzleisoftware, die Plattform zur Fachinformationsrecherche sowie E-Discovery-Lösungen sind seit langem etablierte Legal Tech-Produkte, auf die die meisten Kanzleien nicht mehr verzichten können. Nutzen Sie kostenfreie Testphasen, wie sie beispielsweise bereits seit langer Zeit von Beck Online und Annotext angeboten werden, und tauschen Sie sich mit Kanzleien aus, die bereits neue Lösungen im Einsatz haben oder diese sogar selbst entwickeln. Scheuen Sie sich auch nicht davor, zu experimentieren und verschiedene Produkte auszuprobieren, wenn Sie bei einer geplanten Neuanschaffung unsicher sind. Schließlich soll die Lösung zu Ihnen und ihren Mandanten passen.

Und denken Sie daran: Nicht nur Kanzleien erleben die digitale Transformation, auch Ihre Mandanten und Unternehmen, mit denen Sie zusammenarbeiten, sind Teil dieses Prozesses. Der Einsatz technologisch anspruchsvoller Software und Cloud-Anwendungen, Plattformen und Collaboration-Tools, wird immer selbstverständlicher und in der Zusammenarbeit mit dienstleistungsorientierten Kanzleien erwartet. Kanzleien wie CMS Hasche Sigle, Freshfields Bruckhaus Deringer LLP, Sonntag & Partner oder auch Waldorf Frommer Rechtsanwälte haben diese Chance bereits erkannt und lassen die Digitalisierung ihrer Prozesse konkret in ihre Marketingstrategie einfließen. Zeit, dass es ihnen mehr kleine und mittelständische Kanzleien gleichtun, um langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben.

Sprechen Sie also mit Ihren Mandanten über die digitale Transformation und Ihre Erfahrungen: Berichten Sie von den Lösungen, die Sie zum Wohl Ihrer Mandanten einsetzen und zögern Sie auch nicht davor, digitale Dienstleistungen in Ihr Produktportfolio einzubeziehen, auf Ihrer Homepage darzustellen und gegebenenfalls auch angemessen abzurechnen. Ihr Mandant wird Sie als zukunftsorientierten und leistungsstarken Partner wahrnehmen, der sich in einer Zeit ständigen Wandels nicht vor neuen Technologien verschließt und dem seine Mandanten am Herzen liegen – online und offline.

Checkliste zur Einführung von Legal Tech-Software:

Projektmanagement

Ob Buchhaltungssoftware oder Legal Tech – das A und O einer gelungenen Software-Einführung ist das Projektmanagement. Legen Sie fest, wann das Projekt startet und wann es abgeschlossen sein soll. Achten Sie darauf, dass die Projektleitung ausreichend Zeit für das Projekt hat und während oder kurz nach dem Projekt keine großen Veränderungen anstehen. Die Projektleitung bzw. ein Stellvertreter sollten auch nach dem angestrebten Projektende zur Verfügung stehen können, falls sich das Projekt verzögert oder weitere Aufgaben nach Einführung anfallen.

Aufgabe Wer? Wann?
Projektorganisation:

·         Projektverantwortlichen festlegen

·         Team

·         Zeitplan

·         Budget

·         Prioritäten

Übergeordneter Projekttreiber,

Projektverantwortlicher

Vor Projektbeginn
Prozesse in der Kanzlei identifizieren, die automatisiert werden können (z. B. Routineaufgaben, rein technische Fragestellungen, wie elektronischer Posteingang) Team
Was erhoffen sich die Nutzer von der Einführung der Software? Team
Key Features (Schlüssel-Funktionen) aufgrund o.g. Überlegungen festlegen: Optimierungswünsche, Nutzerprofile und Berechtigungen, Usability, Funktionsumfang der Software Projektverantworlicher mit Team

Um einer Verzögerung und Unfrieden in Team und Kanzlei vorzubeugen, machen Sie sich klar, welche Fallstricke ihnen auf dem Weg bis zur Einführung der Software begegnen können und gehen Sie mit diesen proaktiv um.

Kennen Sie eine Kanzlei, die die Legal Tech-Anwendung bereits in Gebrauch hat? Holen Sie sich Informationen und besprechen Sie diese im Team!

Thema Risiko (Beispiele) Lösung
Technologie und Sicherheit Datenschutz, Sicherheitslücken im System Frühzeitig bei Software-Anbieter thematisieren
Bedienungskomfort (Usability) Nutzeroberfläche, keine intuitive Bedienung, zu technisch Testphase mit ausgewählten Mitarbeitern durchführen
Performance der Software Antwortzeiten, Aktualisierungen Frühzeitig bei Software-Anbieter thematisieren
Akzeptanz User nehmen die Software nicht an und finden Wege um die Nutzung zu vermeiden oder bauen einen parallelen Workflow auf Vor, während und nach der Einführung die Mitarbeiter begleiten; interne Multiplikatoren (dauerhaft) bestimmen und regelmäßig Hilfe und Schulungen anbieten; Management geht mit gutem Beispiel voran (!) und macht klar, dass der Einsatz der Software ab Zeitpunkt x erwartet wird
Anforderungen Es werden immer mehr Anforderungen an die Software gestellt, die nicht erfüllbar sind Stellen Sie fest, dass es zu einer Inflation der Wünsche kommt, beschränken Sie sich möglichst schnell auf die wirklich wichtigen Funktionalitäten
Planung Qualität, Budget und Zeit Verantwortlichkeiten festlegen und an Projektplanung halten
Komplexität Projekt ist zu komplex; Anforderungen und Zeitrahmen passen nicht zusammen Zeitrahmen erweitern, Anforderungen ggf. herunterbrechen
Team und Zusammenarbeit Konflikte; zu viele „Barrieren“ im Team Teammitglieder nach Eignung und Interesse benennen; Mitglieder aus den Bereichen Administration, IT und User Group wählen

Einzelheiten, die Sie vor dem Software-Kauf oder der Lizensierung mit dem Anbieter klären müssen – legen Sie rechtzeitig fest, wer aus dem Projektteam dafür zuständig ist!

Zu klärende Punkte Wer? Wann?
Ist die Standardsoftware ausreichend oder benötigen Sie eine Individuallösung?
Lizensierung und zugesicherte Funktionalitäten
Spezielle Voraussetzungen (z. B. Datenbanklizenzen; notwendige Schnittstellen)
Wie geht der Anbieter mit Updates um?
Umgang mit individuellen Anpassungen
Einführung und Support (Installation, Customizing, Schulung, Hotline)
Dienstleistungskonditionen (Tages-/Stundensatz, Reisekosten, Reisezeiten)
Abnahme und Übergabe
Zahlungsbedingungen
Rechtliche Lage bei Insolvenz oder Unternehmensaufgabe des Softwareanbieters, ggf. Einbinden eines Escrow-Anbieters
Ist Fernwartung möglich? Wie?
Datenschutz (z. B. DSGVO, Compliance-Richtlinien)
Foto: Fotolia.com/bnenin
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Nicole Zobel ist seit rund 15 Jahren in Vertrieb, Verkauf und Marketing mittelständischer und größerer Unternehmen tätig. Die ausgebildete Online Marketing Managerin lernte In der Verlags-, IT- und Legal Tech-Branche das Zusammenspiel strategischer Planung und menschlicher Umsetzung schätzen. Daneben arbeitet sie als freie Journalistin und Autorin für verschiedene Print- und Online-Publikationen.

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