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Wichtige Entscheidungen zum beA im Jahr 2020 – was bringt das Jahr 2021?

Von Julius Oberste-Dommes

Trotz einiger Einschränkungen durch die COVID-19-Pandemie arbeitete die Justiz im Jahr 2020 wie gewohnt zuverlässig. Insofern gab es für BerufsträgerInnen viele Gelegenheiten, mit dem beA zu arbeiten und Schriftsätze per beA an Gerichte zu versenden. Wir möchten Ihnen einige wichtige Entscheidungen zum Thema beA vorstellen und Ihnen einen kurzen Überblick über weitere Entwicklungen im Jahr 2021 geben.

1. Welche wichtigen Entscheidungen zum Thema beA aus dem Jahr 2020 sollten Sie kennen?

a) Können Sie es sich leisten, sich für „Ihr“ beA noch nicht erstregistriert zu haben?

Die Antwort lautet klar: Nein!

Das Anwaltsgericht Nürnberg (Az. I-13/19 5 EV 42/19) verurteilte am 06.03.2020 eine Rechtsanwältin zur Zahlung einer Geldbuße in Höhe von 3.000 Euro weil sie ihr beA noch am Tag der Urteilsverkündung nicht aktiviert (erstregistriert) und damit ihre entsprechende Berufspflicht nach § 31 Abs. 6 BRAO nicht erfüllt hatte. Nach § 31 Abs. 6 BRAO ist der Inhaber des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs verpflichtet, die für dessen Nutzung erforderlichen technischen Einrichtungen vorzuhalten sowie Zustellungen und den Zugang von Mitteilungen über das besondere elektronische Anwaltspostfach zur Kenntnis zu nehmen.

b) Müssen Sie „sprechende“ Dateinamen verwenden?

Die Antwort lautet: Eigentlich nicht, aber …

Nach § 2 Abs. 2 ERVV soll der Dateiname den Inhalt des elektronischen Dokuments schlagwortartig umschreiben. Der BGH (Beschluss vom 17.03.2020, Az. VI ZB 99/19) verwehrte einem Rechtsanwalt die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, weil dieser versäumt hatte, dem elektronischen Dokument, welches eine Berufungsbegründung enthielt, einen entsprechend aussagekräftigen Datennamen zu geben. Anschließend ist das falsche Dokument an das Berufungsgericht übermittelt worden.

Auch wenn es sich um eine „Soll-Vorschrift“ handelt, hat der BGH diese mehr oder weniger zu einer „Muss-Vorschrift“ erhoben. Wenn Sie auf Nummer sicher gehen wollen, vergeben Sie aussagekräftige Dateinamen.

c) Welches Dateiformat müssen Sie für elektronische Dokumente wählen?

Nach § 130a Abs. 2 S. 1 ZPO muss ein Dokument für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet sein. Nach § 2 Abs. 1 ERVV ist das elektronische Dokument […] im Dateiformat PDF zu übermitteln.

Im Verfahren vor dem LG Mannheim (Urteil vom 04.09.2020, Az. 1 S 29/20) wurde diese Vorschrift einem Berufsträger zum Glück nicht zum Verhängnis. Dieser hatte einen Schriftsatz im Word-Format (.docx) eingereicht. Nach dem LG Mannheim führt ein Verstoß gegen die Vorgaben zum Dateiformat nach § 130a Abs. 2 S. 2 ZPO i.V.m. § 2 Abs. 1 ERVV nicht zwingend dazu, dass das elektronische Dokument zur Bearbeitung im Sinne des § 130a Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht geeignet ist.

Diese Entscheidung ist allerdings mit Vorsicht zu genießen. Nach der vom LG Mannheim selbst zitierten Normenkette ist das Word-Format jedenfalls nicht zugelassen. Die BerufsträgerInnen riskieren, dass das Gericht einen Schriftsatz im Word-Format nicht akzeptiert und dass der Schriftsatz im ungünstigsten Fall als nicht eingereicht gilt. Für die Einhaltung von Notfristen wäre dies fatal. Ob Wiedereinsetzung gewährt würde, ist fraglich. Gehen Sie kein Risiko ein.

d) Was ist eine „einfache Signatur“?

Für die Anforderung an die „Unterzeichnung“ eines elektronischen Dokuments ordnet § 130a Abs. 3 S. 1 ZPO Folgendes an:

Das elektronische Dokument muss mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht werden.

Fraglich ist nun, was unter einer „einfachen Signatur“ zu verstehen ist.

Nach dem Beschluss des BAG vom 14.09.2020 (Az. 5 AZB 23/20) meint eine einfache Signatur nach §130a Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 ZPO die einfache Wiedergabe des Namens am Ende des Textes, beispielsweise bestehend aus einem maschinenschriftlichen Namenszug unter dem Schriftsatz oder einer eingescannten Unterschrift.

Dieses Erfordernis gilt freilich nur dann, wenn die BerufsträgerInnen einen Schriftsatz selbst aus dem eigenen beA versenden. In allen anderen Konstellationen benötigt man eine qualifizierte elektronische Signatur. Das Thema einfache Signatur ist dann unerheblich (so bereits der Beschluss des BAG vom 24.102019, Az. 8 AZN 589/19).

Im Zweifel sollten Sie sich für den maschinenschriftlichen Namenszug unter dem Schriftsatz entscheiden. So entgehen Sie der unnötigen Diskussion, ob es sich bei Ihrer eingescannten Unterschrift tatsächlich um eine Unterschrift handelt. Selbstverständlich ist auch eine Kombination aus beidem möglich.

2. Was steht im Jahr 2021 zum Thema beA an?

Ein Thema ist im Jahr 2021 besonders wichtig: Die „aktive Nutzungspflicht“.

a) Was ist die aktive Nutzungspflicht?

Auf Grundlage des Gesetz zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten vom 10. Oktober 2013 (ERVGerFöG) wurden zahlreiche das beA betreffende Vorschriften in die jeweiligen Verfahrensordnungen und in die anwaltliche Berufsordnung eingefügt. Keine dieser der Vorschriften spricht ausdrücklich von einer „aktiven Nutzungspflicht“. Diese Verpflichtung ergibt sich allein aus folgenden Vorschriften:

§ 136d ZPO wurde nach Art. 1. Nr. 4 des ERVGerFöG in die ZPO eingefügt und lautet wie folgt:

Vorbereitende Schriftsätze und deren Anlagen sowie schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen, die durch einen Rechtsanwalt […] eingereicht werden, sind als elektronisches Dokument zu übermitteln. […]

Nach dieser Vorschrift sind BerufsträgerInnen verpflichtet, Schriftsätze als elektronische Dokumente und damit per beA bei Gericht einzureichen. Diese Vorschrift beschreibt die sogenannte „aktive Nutzungspflicht“!

Nach Art. 26 Abs. 7 ERVGerFöG tritt § 136d ZPO am 01.01.2022 in Kraft. Insofern haben BerufsträgerInnen noch das Jahr 2021 Zeit, um die Kanzleiorganisation auf den Versand von elektronischen Dokumenten vorzubereiten. Sie sollten die Zeit nicht ungenutzt verstreichen lassen!

b) Kann die aktive Nutzungspflicht bereits früher eingeführt werden?

Nach Art. 24 Abs. 2 ERVGerFöG können die Landesregierungen für ihren Bereich durch Rechtsverordnung bestimmen, dass die Regelungen in Art. 26 Abs. 7 ERVGerFöG (und damit unter anderem die aktive Nutzungspflicht) bereits ab dem 01.01.2021 in Kraft treten.

Bislang hatte Schleswig-Holstein seit dem 01.01.2020 die aktive Nutzungspflicht für die Arbeitsgerichtsbarkeit eröffnet.

In Bremen sind BerufsträgerInnen seit dem 01.01.2021 verpflichtet, Schriftsätze beim Arbeitsgericht Bremen-Bremerhaven, beim Landesarbeitsgericht Bremen, beim Sozialgericht Bremen und beim Finanzgericht Bremen als elektronische Dokumente einzureichen.

Im Umkehrschluss gilt: In allen anderen Bundesländern und/oder Verfahren gilt die aktive Nutzungspflicht planmäßig erst ab dem 01.01.2022.

3. Fazit – Richtlinien einhalten und auf aktive Nutzungspflicht einstellen

  • Prüfen Sie, ob Sie Schriftsätze bereits jetzt als elektronische Dokumente einreichen müssen.
  • Falls Sie sich auf die aktive Nutzungspflicht noch nicht vorbereitet haben: Bereiten Sie sich auf den 01.01.2022 vor und seien Sie gewappnet!
  • Registrieren Sie Ihr beA, falls Sie es noch nicht getan haben.
  • Vergeben Sie aussagekräftige Dateinamen.
  • Halten Sie sich an die zugelassenen Dateiformate, z. B. das PDF-Format.
  • Halten Sie die Vorgaben für die einfache Signatur unbedingt ein.
Adobe.Stock/©Sikov
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Julius Oberste-Dommes, LL.M. (Informations-
recht) ist Rechtsanwalt bei einer auf IT-Recht spezialisierten Kanzlei aus Wuppertal. Sein fachlicher Schwerpunkt ist seit über sechs Jahren das IT-Recht, hier insbesondere IT-Vertragsrecht und Datenschutzrecht.

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