Rückblick auf ein erfolgreiches Jahr 2017 für Legal Tech und Ausblick auf 2018

Von Patrick Prior

Was für ein Jahr für Legal Tech in Deutschland! Nachdem der Begriff „Legal Tech“ 2016 langsam bekannter wurde, entstanden 2017 hierzulande dutzende Veranstaltungen, eine große Messe, und das erste Legal Tech-Buch wurde veröffentlicht.

Anfang 2017 fand die Berlin Legal Tech statt, weiter ging es u.a. mit dem Anwaltstag in Essen, der erstmalig genau unter diesem Motto stand, dann die Legal ®Evolution in Frankfurt, das Euroforum in Berlin und Ende des Jahres die Buchvorstellung „Legal Tech – Die Digitalisierung des Rechtsmarkts“ von den Autoren Hartung, Bues und Halbleib (C.H. Beck Verlag) in der „Symbiose Berlin“. Auch Legal-Tech.de startete erfolgreich Anfang 2017 durch und befindet sich mit Stand heute auf Seite 1 bei Google, wenn man nach dem wichtigsten juristischen Begriff des Jahres sucht.

Diskussion um Legal Tech

Legal Tech ist damit zweifelsfrei als wichtiges Thema in der deutschen Anwaltschaft angekommen, wird aber immer noch sehr unterschiedlich betrachtet, verstanden und diskutiert. Vom Hype, vom Buzzword, vom zukünftigen Verschwinden vieler Legal Tech-Unternehmen, von zwangsweiser Reglementierung (Augsburger Presse: „Justizminister nehmen digitale Rechtsdienstleister ins Visier“) bis hin zur Untersagung der neuen Geschäftsmodelle auf der einen Seite und einer zukünftigen, umfassenden künstlichen Intelligenz in Verkörperung von Roboter-Anwälten, denen der gesamte Berufsstand irgendwann zum Opfer fallen wird, auf der anderen Seite, waren alle Meinungen vertreten. Erst vor ein paar Wochen gab es eine große Diskussion zwischen diesen verschiedenen Lagern, nachdem ein Artikel mit dem Thema „Legal Tech – Vorsicht vor dem Hype“ bei LTO veröffentlicht wurde.

Legal Tech-Entwicklung als Blase?

Mich persönlich erinnert diese Diskussion an die Zeit vor der Internetblase am Neuen Markt im Jahr 1999. Damals waren viele Anleger mit der Zukunft der Telekommunikation und des Internets beschäftigt. Es wurde breitflächig angenommen, dass es in absehbarer Zeit keine Supermärkte und keinen nennenswerten Einzelhandel mehr geben würde und alle Käufe irgendwann komplett über das Internet abgewickelt werden. Dann kam das Jahr 2000, die Neue-Markt-Blase platzte und die eher technikfeindlichen Skeptiker meinten, Recht gehabt zu haben. Heute, fast 20 Jahre danach, ist die Marktmacht von Amazon unumstößlich und führt bereits dazu, dass der Einzelhandel immense Schwierigkeiten hat, und ganze Einkaufspassagen schließen müssen (Artikel n-tv: Amerikas Shopping Malls in der Krise).

Was kann man daraus für die Rechtsberatungsbranche lernen?
Bei jeder großen technologischen Entwicklung gibt es überschwängliche „Gläubige“ und stark ablehnende Skeptiker. Im Ergebnis führt dies meist zu einer Entwicklung, die schnell startet, dann abflacht (in den USA gibt es aktuell schon weniger Investments in Legal Tech als in den letzten Jahren: https://abovethelaw.com/2017/11/investment-in-legal-tech-is-slowing-while-legal-tech-is-booming/) und dann, nach einer Bereinigungsphase, den Markt komplett verändern wird. Wichtig ist hier, den Überblick zu behalten und genau zu überlegen, wann es sich lohnt, in welche Produkte zu investieren und diese sinnvoll zu verwenden.

Aussicht auf 2018

2018 geht es gleich mit mehreren Legal Tech-Events weiter. Im Januar findet, in Zusammenarbeit mit dem Schweitzer Fachverlag, eine Veranstaltung in Hamburg und Hannover statt, Ende Februar steht die Berlin Legal Tech an und auch die Legal ®Evolution Fachmesse hat bereits einen Termin für Dezember 2018 angekündigt.

Betrachtet man die Menge an spezialisierten Rechtsdienstleistungen, ist das Angebot 2017 über Fluggastrechte & Blitzer hinaus weiter gewachsen und wird 2018 noch mehr Rechtsgebiete mit neuen Ideen umfassen. Von diesem Ausbau werden sich auch Legal Tech-Anbieter nicht abhalten lassen, die wegen möglicher UWG Verstöße vielleicht ihre Werbung, nicht aber ihr Geschäftsmodell anpassen müssen (LTO: Der Abfindungsheld verstummt).

Wichtig ist, dabei Folgendes nicht zu übersehen: Die wachsende Konkurrenz für Kanzleien kommt zukünftig nicht nur von spezialisierten Legal Tech-Unternehmen, sondern vor allem auch von anderen Kanzleien, die Legal Tech-Software bereits clever einzusetzen wissen und so schneller und kostengünstiger arbeiten können. Dies wird in den nächsten Jahren auch verstärkt bei den Mandaten ankommen und von diesen als positive Entwicklung gesehen werden. Auf Dauer wird eine Kanzlei dann auch auf Grundlage Ihres Einsatzes von Legal Tech-Software und digitalen Rechtsprodukten von ihren Mandaten ausgesucht werden.

Foto: Fotolia/Onypix
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Patrick Prior ist Jurist, Legal Tech-Experte und Inhaber der Legal Tech Software- und Beratungsfirma Advotisement®. Außerdem betreibt er das Legal Tech-Verzeichnis.

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