Mandantenkommunikation

Mandantenkommunikation – wie erreiche ich meine Mandanten? Wie erreichen sie mich?

Von Alexandra Milena Stojek

Der bislang übliche – oft physische – Kontakt zu Mandanten ist aufgrund von Ausgangsbeschränkungen und Kontaktverboten nur noch eingeschränkt möglich. Wie also gelingt Mandantenkommunikation in Zeiten von Corona? Dieser Artikel liefert ein paar Ideen, die schnell umsetzbar sind, und stellt Tools vor, die es wert sind, ausprobiert zu werden. Denn in jeder Krise steckt auch eine Chance. Wer sich nun ins kalte Wasser geworfen fühlt, kann vielleicht doch noch etwas Gutes für sich mitnehmen und Legal Tech, auch langfristig gesehen, in der eigenen Kanzlei ausprobieren. Denn Anwaltskanzleien, die innovative, digitale Tools nutzen, sichern langfristig ihre Wettbewerbsfähigkeit und können ihren Mandanten besseren Service bieten.

Was auf die Schnelle möglich ist

Zunächst ein paar Ideen, was Sie schnell und ohne viel Aufwand unternehmen können. Richten Sie eine Rufumleitung ein, so dass die in der Kanzlei eingehenden Anrufe auf Ihr Telefon im Homeoffice umgeleitet werden. Sofern Sie einen Telefonservice nutzen, teilen Sie diesem die Nummer mit, unter der Sie im Homeoffice erreichbar sind. Sollten Sie oder Ihre Mitarbeiter Ihr privates Handy nutzen, aktivieren Sie die Rufnummernunterdrückung, um nicht allen Gesprächsteilnehmern Ihre private Nummer preiszugeben.

Es empfiehlt sich, in Ihrer E-Mail-Signatur einen Hinweis zur Kontaktaufnahme in Zeiten von Corona aufzunehmen. In dieser können Sie den Empfänger darüber informieren, dass Sie sich im Homeoffice befinden und Sie natürlich trotzdem erreichbar sind. Hier können Sie auf die bereits bekannten oder neuen Kontaktdaten verweisen und ggf. ergänzen, dass es sein kann, dass Sie „anonym“ anrufen oder mit einer von der Kanzleiadresse abweichenden Ortsvorwahl.

Sofern Sie einen Google My Business-Eintrag pflegen, können Sie in diesem ebenfalls einen Hinweis auf neue Kontaktmöglichkeiten aufnehmen. Entsprechende Hinweise lassen sich natürlich ebenso auf der Kanzleiwebsite oder im Kanzlei-Newsletter platzieren, sofern es einen solchen gibt.

Der Vorteil von Videokonferenzen gegenüber Telefongesprächen

Physische Besprechungstermine kann man durch Telefongespräche ersetzen. Gegenüber Telefongesprächen haben Videokonferenzen aber natürlich den Vorteil, dass man den Gesprächspartner sieht und eine persönlichere Ebene erreicht wird. Gerade wenn man sich neuen Mandanten vorstellen möchte, können Videokonferenzen das Mittel der Wahl sein. Videokonferenzen können außerdem effektiver ablaufen als Telefongespräche. Es entstehen weniger Pausen und man fällt sich weniger oft ist Wort, weil man leichter erkennt, wer als nächstes etwas sagen möchte. Falls Sie Videokonferenzen mit mehreren Teilnehmern durchführen, sprechen Sie die Person am besten mit Namen an, damit sofort klar ist, wen Sie meinen. Falls Sie Videokonferenzen bislang nicht genutzt haben, hilft es, wenn Sie sich bewusst machen, dass es Ihrem Mandanten möglicherweise genauso ergeht. Den üblichen Small Talk im Besprechungszimmer, vor allem aber auch eine kurze Vorstellungsrunde kann und sollte man auch in einer Videokonferenz abhalten, um „warm“ zu werden. Achten Sie auf gute Tonqualität, da abgehakte Gespräche sehr anstrengend und ermüdend sein können. Wichtig ist auch, dass Sie darauf achten, was der Konferenzteilnehmer zu sehen bekommt. Mandanten brauchen nicht erfahren, wie Ihr Schreibtisch oder der Raum aussieht, in dem Sie sich befinden.

Legal Tech-Tools zur Mandantenkommunikation

Wenn Sie die Kapazität haben, lohnt sich ein Blick auf ein paar Tools, die speziell den Kontakt zwischen Anwalt und Mandant erleichtern:

e.sy Office

e.sy Office ist ein Tool für die Videoberatung. Während der Videokonferenz haben Sie die Möglichkeit, Dokumente über den Textchat zu teilen. Eine Besonderheit an e.sy Office ist die integrierte E-Signatur. Damit können Dokumente im Anschluss an die Beratung direkt online unterzeichnet werden. Ebenso können über das Tool Termine für einen Telefon- oder Vor-Ort-Termin oder eine Videoberatung vereinbart werden. Um das Tool zu nutzen, müssen weder Sie noch Ihre Mandanten etwas installieren. E.sy Office läuft nämlich browserbasiert (also z. B. über Firefox, Google Chrome, Safari usw.).

onvico

Mit dem Online-Kommunikationstool Onvico der Oevermann Networks GmbH werden dem Anwalt bzw. der Anwältin Text-, Audio- und Videochat per Computer oder Mobilgerät ermöglicht. Onvico gewährleistet dabei einen sicheren Datenaustausch.

Einer der größten Vorteile ist, dass Anwälte und Mandanten ohne technisches Knowhow auf das Tool zurückgreifen können. Voraussetzung ist nur ein Internetzugang und ein aktueller Webbrowser. Für den optionalen Videochat mit benötigt man zusätzlich nur noch eine Webcam und ein Mikrofon (Headset). Onvico lässt sich zudem in das Corporate Design der Kanzleiwebsite integrieren.

MavoRA

Die Kommunikation per E-Mail ist zwar bequem, allerdings datenschutzrechtlich problematisch, da die Kommunikation meist unverschlüsselt abläuft.

Eine Lösung dafür bietet das Tool MavoRA, das Nachrichten Ende-zu-Ende verschlüsselt. Nachrichten des Absenders werden auf dessen Computer verschlüsselt und erst wieder beim Empfänger entschlüsselt. Das Prinzip ähnelt den bekannten E-Mail-Verschlüsselungsverfahren von PGP und S/MIME. Der Vorteil an dem Tool ist allerdings, dass Mandanten selbst nichts einrichten müssen, um verschlüsselt kommunizieren zu müssen. Sie müssen übrigens für die Nutzung keine Software installieren –auch MavoRA läuft direkt in Ihrem Browser.

5FSoftware

Wenn Sie nicht nur sicher kommunizieren, sondern Ihrem Mandanten ermöglichen wollen, an der Fallbearbeitung mitzuwirken, ist 5FSoftware möglicherweise die passende Lösung.

Gegenüber einer herkömmlichen Anwaltssoftware, in der Akten verwaltet und Termine gepflegt werden können, handelt es sich bei der 5FSoftware um eine Plattform, die nicht nur die Kommunikation, sondern auch das kollaborative Arbeiten mit dem Mandanten ermöglicht.

Nach Angaben des Herstellers können über die Plattform Daten sicher und verschlüsselt ausgetauscht werden, Aufgaben erstellt und Dokumente geteilt werden. Außerdem steht eine Chatfunktion zur Verfügung. Es können sogar „Daten- und Projekträume“ eingerichtet werden. Über das Rechtemanagement der Software können Zugriffsrechte verwaltet werden. Wenn Sie einem Mandanten Zugriff gestatten, kann er sich mit persönlichen Zugangsdaten einloggen und an Dokumenten mitarbeiten. Aber auch ohne, dass der Mandant einen eigenen Zugang zu der Plattform benötigt, können Sie Dokumente mit ihm teilen, indem Sie ihm über die Plattform einen verschlüsselten Link zusenden. Mandanten haben sogar die Möglichkeit, über eine App auf Dokumente zuzugreifen.

IURIO

Bei IURIO handelt es sich ebenfalls um eine Kollaborationsplattform. Es gibt drei wesentliche Funktionen von IURIO. Über das Nachrichtensystem kann man mit dem Team, aber auch mit Mandanten in Kontakt treten. Über das Modul „Datensafe“ kann man Dateien austauschen und gemeinsam an Word-, Excel- oder PowerPoint-Präsentationen arbeiten. Über das agile Projektmanagement kann man Verfahrensabläufe festlegen und Aufgaben bearbeiten. Das Tool ist so gestaltet, dass man mit einem Blick den Stand der Bearbeitung erkennt. Da Sie die Möglichkeit haben, Ihren Mandanten in die Projektarbeit einzubinden, sieht auch Ihr Mandant, wie weit die Bearbeitung fortgeschritten ist. Der Anbieter von IURIO wirbt mit einem Pricing-Modell, dass es ermöglicht, die Kosten pro Mandant übersichtlich weiter zu verrechnen.

Die Gelegenheit nutzen, um langfristig digital(er) zu arbeiten

Die oben genannten Tools geben Ihnen eine Idee, was es für nützliche Werkzeuge gibt, die die Mandantenkommunikation vereinfachen – unabhängig von Homeoffice und Quarantäne. Manche Anbieter stellen ihre Tools wegen der Coronakrise zeitweise sogar kostenlos zur Verfügung. Bei der Auswahl ist entscheidend, dass Sie etwas nehmen, das Ihren Bedürfnissen entspricht. Zwar lohnt es sich, den in der Kanzlei etablierten Workflow kritisch zu hinterfragen, es hat aber keinen Sinn, bestehende und vor allem bewährte Kanzleiabläufe über den Haufen zu werfen, nur um sich den Anforderungen einer neuen Kanzleisoftware anzupassen.

Bleiben Sie gesund und munter!

Foto: Adobe.Stock/©fizkes
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Alexandra Milena Stojek, LL.M. ist Fachanwältin für IT-Recht, Syndikusanwältin des Deep-Tech-AI-Start-ups thingsTHINKING GmbH und Gebietsleiterin der Arbeitsgemeinschaft IT-Recht des Deutschen Anwaltvereins für den Südwesten. Darüber hinaus beschäftigt sie sich als Referentin und Autorin mit dem Thema Digitalisierung juristischer Arbeit.

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