Chatbots

Legal Tech-Lesetipp: Chatbots als Service-Instrument in Anwaltskanzleien

Von Patrick Prior

Kein Anwalt kann rund um die Uhr verfügbar sein. Legal Chatbots dagegen schon. Erfahren Sie, wie Anwaltskanzleien mit Legal Chatbots die Mandantenkommunikation wesentlich vereinfachen können – und das ganz automatisch.

Die Digitalisierung der Kanzleiabläufe automatisiert nicht nur die Prozesse innerhalb der Kanzlei, sondern auch die Art und Weise, wie Anwälte mit Mandanten reden. Sogenannte Legal Chatbots sind eine der wesentlichen Technologien dahinter. Erfahren Sie, wie Sie diese für Ihre Kanzlei nutzen können.

Allgemein gesprochen, lassen Chatbots sich als Programme definieren, die mit einem Nutzer innerhalb einer Chat-Umgebung automatisiert schreiben können und so jederzeit eine Kommunikationsmöglichkeit zwischen Verbrauchern und Unternehmen bieten. Die Chat-Umgebung kann dabei z. B. der Facebook Messenger, WhatsApp, Telegram Messenger oder auch eine eigene Software-Lösung auf der Firmen-Webseite sein.

Chatbots als Zukunftstechnologie

Werden Chatbots von einem Legal Tech-Unternehmen oder einer Anwaltskanzlei eingesetzt, spricht man von Legal Chatbots. Legal Chatbots sind neben der Dokumentenautomations- und Dokumentenanalyse-Software, der Blockchaintechnologie und den Smart Contracts einer der großen Themenbereiche der Digitalisierung und Automatisierung innerhalb der Rechtsberatungsbranche. Anwälte, die ihre Kanzlei zukunftsfähig machen möchten, sollten daher Voraussetzungen, Einsatzgebiete sowie Vor- und Nachteile dieser Technologie kennen.

Legal Chatbots – eine kurze Geschichte

Der erste Legal Chatbot wurde im Jahr 2014 von dem damals 19-jährigen Engländer Joshua Browder programmiert, nachdem er 30 Strafzettel wegen Falschparkens erhalten hatte. Er entwickelte daraufhin eine Software, die nach Abfrage diverser Daten automatisiert ein Widerspruchsdokument für die zuständige Verwaltungsbehörde erstellt. Innerhalb von 21 Monaten konnten durch seinen  Chatbot über 160.000 Strafzettel in Höhe von insgesamt ca. vier Millionen Euro an Bußgeldern abgewendet werden.

Legal Chatbots sind kein Ersatz für echte Rechtsberatung!

Allgemein gesagt sind Legal Chatbots im Vergleich zur direkten Beratung durch einen erfahrenen Rechtsanwalt sehr simpel, inhaltlich äußerst eingeschränkt und nur spezialisiert nutzbar. Eine echte Kommunikation findet nicht statt. Von einer künstlichen Intelligenz kann hier bei weitem noch nicht gesprochen werden. Umso bemerkenswerter ist allerdings der Erfolg dieser noch so am Anfang stehenden Technologie. Mit einfachsten Mitteln konnte bereits hunderttausenden Rechtsratsuchenden weltweit geholfen werden.

Wo können Kanzleien Legal Chatbots gewinnbringend einsetzen?

Für den Einsatz in einer Kanzlei eignen sich Legal Chatbots speziell für die automatisierte Beantwortung kurzer Fragen mit kurzen Antworten. Die Darstellung von langen Texten ist im Chatbereich nicht praktikabel. Außerdem sind Legal Chatbots sinnvoll bei der Abfrage von diversen Daten des potentiellen Mandanten, wie zum Beispiel bei der Eingrenzung des Rechtsproblems, der Abfrage von Kontaktdaten oder Rechtsschutzversicherungsdaten. Weiterhin wäre es möglich, dass der User auch Dokumente im Chatbereich hochladen und so an den Anwalt übermitteln kann. Auch die Veranschaulichung von Informationen über die Kanzlei unter Verwendung von Foto- oder Videoinhalten ist möglich. Legal Chatbots eignen sich aber aktuell nicht zur automatisierten Beantwortung komplexerer Fälle. In absehbarer Zeit wird es aber auch hier spürbare Verbesserungen geben, sobald Legal Chatbots deutlich häufiger eingesetzt werden und so größere Datenmengen ausgewertet werden können.

Was sind die Vorteile von Legal Chatbots für Kanzleien?

Die Vorteile eines Chatbots für eine Kanzlei beziehen sich vor allem auf den Service: Die Kanzlei kann rund um die Uhr Anfragen beantworten und aufnehmen. Die Daten werden zur weiteren Bearbeitung angenommen und gespeichert. Die Kanzlei spart dadurch viel Zeit, da der Fall automatisiert aufgenommen werden kann und alle relevanten Daten in Eckpunkten „auf dem Schreibtisch“ des Bearbeiters liegen, inklusive eventuell hochgeladener Dokumente (z. B. Arbeitszeugnis, Kündigung, Bescheide o. Ä.). Auch die Hemmschwelle eines Mandanten, überhaupt einen Anwalt zu konsultieren, sinkt durch den Einsatz eines Chatbots deutlich.

Zukunftsaussichten von Legal Chatbots

Noch sind die vorhandenen Legal Chatbots allerdings nur auf wenige spezielle Rechtsfragen (Fluggastrechte, Ordnungswidrigkeiten, arbeitsrechtliche Kündigungen) hin erstellt worden. In Zukunft wird es breiter gefächerte Chatbots geben, die sich durch maschinelles Lernen immer weiter entwickeln werden. Der Legal Chatbot wird damit in Zukunft vor allem den ersten Teil einer immer größtenteils automatisierten Arbeitsweise in Kanzleien darstellen. In Verbindung mit einer automatisierten Dokumentenerstellungs-Software wäre es zum Beispiel möglich, nach Abfrage von bestimmten Daten eines Mandanten, diesem direkt innerhalb des Chatbereichs eine bereits vorausgefüllte Vollmachtserklärung zukommen zu lassen, die er nur noch unterschreiben muss und ebenfalls im Chat hochladen kann. Auch ein erster Besprechungstermin mit dem Rechtsanwalt, der möglicherweise nicht persönlich, sondern per Videokonferenz durchgeführt wird, kann hier automatisiert mit Abgleich seines Kalenders innerhalb des Chats durchgeführt werden.

Vor allem jüngeren Mandanten sagen Chatbots zu

Unternehmen setzen Chatbots vor allem ein, weil viele der jungen Kunden auf Portalen sind, die einen Chatbereich haben, wie z. B. Facebook mit dem Facebook Messenger. Ob man als Rechtsanwalt allerdings Chatbots über US-amerikanische Internet-Konzernwebseiten betreiben möchte, ist neben der DSGVO-Konformität auch eine Frage der persönlichen Einstellung.

Fest steht, dass diese Technologie früher oder später die Mandantenkommunikation wie wir sie heute kennen verändern wird. Lesen Sie mehr dazu in einem weiteren Artikel von Patrick Prior.

Foto: Fotloia.com/NicoEINino
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Patrick Prior ist Jurist, Legal Tech-Experte und Inhaber der Legal Tech Software- und Beratungsfirma Advotisement®. Außerdem betreibt er das Legal Tech-Verzeichnis.

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