Digitalisierung Coronakrise

Krisensicher und effizient – drei Schritte für eine innovative, digitale Kanzlei

Von Ludwig Wolter

Gerade die anhaltende Coronakrise zeigt auf, dass der Rechtsmarkt im Vergleich zum Finanzmarkt noch wenig digitalisiert und automatisiert wurde. Dieser Beitrag soll kurz und prägnant darstellen, welche Möglichkeiten Kanzleien in Zukunft und auch schon jetzt haben, um die derzeitige und weitere Krisen besser zu überstehen, und wie diese Digitalisierungsmaßnahmen auch im generellen Kanzleialltag Kosten- und Zeiteffizienz bringen.

Mindestanforderungen der Technisierung

Um nachfolgende Prozesse in einer Kanzlei integrieren zu können, müssen gewisse Grundvoraussetzungen der Digitalisierung erfüllt sein. Dazu zählen insbesondere die elektronische Akte und die EDV-Einrichtung, um mobil von überall arbeiten zu können. Auf die Digitalisierung dieser Grundlagen wird in diesem Beitrag nicht näher eingegangen. Insofern wird auf den umfassenden Artikel Die papierlose Kanzlei – wie die Umstellung gelingt und welche Vorteile sie bringt von Herrn Cornel Pottgiesser verwiesen.

Disruptive Innovationsmaßnahmen und ihre positiven Auswirkungen

Ziel der Hochtechnisierung einer Kanzlei sollte ein komplettierter Workflow sein. Dieser hat drei wichtige Elemente:

  1. Die Personen, die täglich in der Kanzlei mitwirken, auf ein Minimum reduzieren.
  2. Zwingende Kontakte wie Mandantenkommunikation oder Austausch mit der Gegenseite so effizient wie möglich gestalten.
  3. Wiederkehrende Prozesse automatisieren und optimieren.

Nachfolgend soll jeder Punkt anhand eines Beispiels kurz erläutert werden.
Eine Kanzlei, die aus der Digitalisierung das Maximum herausholen will, muss sämtliche bestehende Prozesse analysieren und dann unter Anwendung existierender Software optimieren.

  1. Der erste Punkt zielt darauf ab, Personalkosten durch disruptive Technologie zu minimieren. So kann z. B. künstliche Intelligenz eingesetzt werden, um die Aktenverwaltung zu managen. Dadurch können E-Mail und eingescannte Posteingänge automatisiert erkannt und der entsprechenden Akte zugeordnet werden. Die sonst händische Zuordnung entfällt und wird digitalisiert. Die Digitalisierung dieser Prozesse wird langfristig dazu führen, dass auf einen Anwalt etwa 0,3 bis 0,5 Rechtsanwaltsfachangestellte kommen.
  1. Punkt zwei betrifft die Prozesse, bei denen der Anwalt/die Anwältin auf Mitwirken Dritter angewiesen ist. So kann durch Einsatz kollaborativer digitaler Arbeitsräume die Kommunikation beschleunigt und verschlankt werden. Solche Kollaborationsräume sollten extra auf die juristische Dokumentenerstellung angepasst sein und unter anderem Dateiversionierungen oder auch Klauselsperren bei schon partiell verhandelten Verträgen bieten. Insbesondere zeitraubender E-Mail-Verkehr mit bunt angepassten und veränderten Worddokumenten kann so verhindert werden. Stattdessen arbeiten Mandant und Anwalt oder Anwalt und Gegenanwalt eng digital und intuitiv zusammen.
  2. Im dritten Punkt sind wiederkehrende Prozesse der Kanzlei zu automatisieren. Dies führt zur Steigerung der Quantität bei gleichbleibender Qualität. So kann z.B. die Vertragserstellung weitgehend automatisiert werden. Ohne Programmierkenntnisse erstellt sich der Anwalt/die Anwältin einen Vertragsgenerator. Bei richtiger Workflow-Optimierung kann ein so erstellter Vertrag direkt mit dem Gegenanwalt im digitalen Kollaborationsraum verhandelt werden. Auch ist die Automatisierung eines kompletten Abrechnungsworkflows umsetzbar. Die Zahlungseingänge auf dem Kanzleikonto werden von der Anwaltssoftware analysiert und automatisiert mit den Fristen auf gestellten Rechnungen abgeglichen. Zahlt ein Mandant zu spät, kann automatisch eine Mahnung erstellt und versandt werden.

Die hardwaremäßige Aufbereitung derartiger Softwares sollte infolge immer größerer Datenmengen und großer benötigter Rechenleistung – z. B. bei künstlicher Intelligenz – cloudbasiert sein. So umgeht man teure Hardware-Updates und langsames Arbeiten durch zu geringe Rechenleistung. Die Sicherheit der sensiblen Daten kann durch Zertifizierungen des Cloud-Anbieters (z. B. durch eine ISO-Zertifizierung) gewährleistet werden.

Probleme und Lösungen

Problematisch bei der Integration derartiger Prozesse ist die Vielzahl unterschiedlicher Anbieter. So kann der eben beschriebene kosten- und zeitsparende Workflow infolge technischer Kommunikationsbarrieren zwischen mehreren Softwareanbietern durchbrochen werden. Das führt mehr zu Frustration, denn zu Kosten- und Zeiteffizienz. Lösung dieses häufig auftauchenden Problems ist die Einbindung komplettierter Systeme. Anstatt also zehn Bausteine zu einem Haus zusammenzusetzen, werden nur Fundament, Haus und Garage getrennt gekauft und miteinander verbunden. Es ist also sinnvoll, so wenig Anbieter wie möglich einzusetzen. Neben Verringerung technischer Probleme lohnt sich das auch finanziell.

Fazit: Langfristig wettbewerbsfähig bleiben mithilfe neuer Technologien

Die Komplexität disruptiver Technologie ist zu Beginn der Integration sehr hoch. Durch eine grundierte Prozessanalyse und Auslotung der technischen Möglichkeiten kann diese Komplexität aber heruntergebrochen werden. Die dann eingebundene Technologie ist in der Lage, die Kanzleiarbeit in zeitlicher wie finanzieller Hinsicht zu revolutionieren. Von Automatisierung verschiedener Prozesse bis hin zur rechtlichen Vertragsanalyse durch künstliche Intelligenz ermöglicht die Digitalisierung nahezu alles. Die Einbindung erfordert Mut und Zeit, lohnt sich aber langfristig, um wettbewerbsfähig zu bleiben.

Foto: Adobe.Stock/©phonlamaiphoto
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Ludwig Wolter ist Gründer mehrerer Tech-Unternehmen und hat als Jurist über die Jahre viel Erfahrung über die technischen Möglichkeiten der Prozessoptimierung rechtlicher und wirtschaftlicher Abläufe in Kanzleien und in KMUs gesammelt. Als Gründer und CPO von PACTA, einer Plattform für intuitives Legal Operations Management, analysiert, optimiert und automatisiert er tagtäglich Abläufe in Unternehmen und Anwaltskanzleien mit Hilfe von hochinnovativer Technik.

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