Managed Legal Services

Die Managed Legal Services auf dem Vormarsch: Die 9. Herbsttagung des Bucerius CLP

Von Nadia Neuendorf

Knapp 300 Innovationsinteressierte hatten sich zur 9. Bucerius Herbsttagung mit dem Leitthema „Ende der ‚Gemütlichkeit‘: Die Managed Legal Services auf dem Vormarsch“ angemeldet, um sich in diesem Jahr über Möglichkeiten der Optimierung und Automatisierung in Kanzlei und Rechtsabteilung zu informieren. Die Herbsttagung selbst versteht sich als Impulsgeber des Rechtsberatungsmarkts und lud in diesem Jahr besonders Unternehmensjuristen und Großkanzleien dazu ein, sich über die neuesten Entwicklungen auf dem Rechtsmarkt auszutauschen. Doch was genau ist unter dem titelgebenden Begriff „Managed Legal Services“ zu verstehen und wie beeinflussen diese die anwaltliche Arbeit?

Was sind „Managed Legal Services“?

Managed Legal Services (MLS) ergänzen die klassische juristische Arbeit und kombinieren effizientes Projektmanagement mit modernen Technologien, um mehr Transparenz und Effizienz zu schaffen. Der Einsatz von IT ermöglicht bei einem Großteil der Prozesse eine deutliche Steigerung in der Quantität und Qualität. Somit eignen sich MLS besonders für massenhaft vorkommende Standardprozesse, die eine große Menge an Daten mit sich bringen und zudem zeitnah, kosteneffizient und ohne großes Risiko bearbeitet werden sollen (beispielsweise Schadenersatzfälle oder Vertragsmanagement).

Diese Prozesse sind von Rechtsabteilungen und Kanzleien bei schrumpfenden Budgets und wachsendem Kostendruck kaum in dieser Form und in kürzester Zeit umsetzbar. Daher müssen neue Technologien entweder selbst angeschafft und implementiert oder das Massengeschäft an externe Dienstleister ausgelagert werden. Managed Legal Services liefern hier passende Lösungen, die Juristen helfen, ihre Arbeit schneller, kostengünstiger und effizienter zu erledigen. Zu den Marktführern der MLS gehören Unternehmen wie UnitedLex, aber auch Großkanzleien wie EY, PwC und KMPG.

Neville Eisenberg, CEO bei BCLP Cubed, nannte konkret folgende Vorteile der Managed Legal Services für den Nutzer:

  • Kosteneinsparungen
  • Risikominimierung
  • Datentransparenz

Dr. Claudia Junker, General Counsel bei der Deutschen Telekom, fasste den Zweck der MLS bzw. der Digitalisierung im Allgemeinen knapp und präzise mit „doing more with less“ zusammen. Denn auch bei der Telekom hat man alle Workflows dahingehend analysiert, um die Stellen zu identifizieren, an denen man mit MLS eine Arbeitserleichterung und Effizienzsteigerung erreichen könne.

„The legal pot has been stirred“

Der US-Amerikaner Mark Cohen, Gründer und CEO bei Legal Mosaic, lieferte einen Einblick in den amerikanischen Rechtsmarkt und wie dort mit Managed Legal Services umgegangen wird. Er plädierte dabei dafür, dass Juristinnen und Juristen „Technologie nutzen, um eine neue Dynamik im Mandantenkontakt zu entwickeln“. Man solle weg von der „immunity to business“ und mehr wie ein klassisches Unternehmen denken und handeln. Dazu könne auch die Segmentierung der anwaltlichen Arbeit gehören, was hieße, dass nicht mehr einer alles von A bis Z macht, und es stattdessen Spezialisten gibt, die die einzelnen Teilschritte aufeinander abgestimmt, ausführen.
Darüber hinaus plädierte er für ein großes Miteinander: Die derzeitige Devise laute nicht, „law firms against legal service provider“. Vielmehr seien Kollaborationen  angebracht, schließlich sei der Rechtsmarkt groß genug. Und schlussendlich entscheide sowieso der Mandant, was sich durchsetzt: „Legal buyers are voting with their legal budgets.“

„Keine Automatisierung ohne Standardisierung“

Während der Bucerius Talks: Managed Legal Services – Die Zukunft des Rechtsmarkts? Oder nur ein Hype? berichtete u. a. Dr. Andreas Seegers, Managing Partner bei KSP Rechtsanwaltsgesellschatft mbH, von seinen Erfahrungen mit MLS in der Kanzleiarbeit. Dort setze man sie ein, um zum Beispiel Fälle im Inkassorecht massenhaft bearbeiten zu können. Dabei gelte: „Keine Automatisierung ohne Standardisierung“. Dennoch stoße man gerade im Bereich der massenhaften Bearbeitung von gleichgelagerten Fällen mit den gewohnten juristischen Lösungen wie EGVP oder beA schnell an seine Grenzen. Hier arbeite man derzeit an einer Lösung zur Versendung von Massenschreiben auch über diese Kanäle.

Managed Legal Services in der Praxis

In einem der vier parallel laufenden Workshops am Nachmittag mit dem Thema Bringing Robots to Work – Automationsprojekte in Kanzlei und Rechtsabteilung widmete man sich dem Themenkomplex Automatisierung noch praxisorientierter. Acht Redner berichteten von ihren Praxiserfahrungen und ihrer Umsetzung von Automatisierungsprojekten. Darunter auch Felix Schulte-Strathaus, Legal Engineer bei Simmons & Simmons, der davon berichtete, wie man mithilfe von Künstlicher Intelligenz 15.000 Mietverträge automatisiert, analysiert und überprüft habe.

Prof. Dr. Marco Rogert von der Kanzlei Rogert und Ulbrich, die eine der ersten Kanzleien war, die sich dem Abgasskandal gewidmet hatte, war daraufhin mit zahlreichen gleichgelagerten Schadenersatzanfragen konfrontiert. Dies warf die Frage auf, wie man diese schnell und effektiv bearbeiten könne. Mittlerweile blickt man auf 17.000 Einzelverfahren zurück, was nur durch den Einsatz von Software zur Digitalisierung und Automatisierung möglich war. Konkret arbeitete man hierfür u. a. mit 500 bis 600 Vorlagen in AnNoText und der Terminsvertretung über AdvoAssist.

Der richtige Einsatz von Managed Legal Services

Die 9. Bucerius Herbsttagung lieferte Unternehmensjuristen und Anwältinnen und Anwälten einen abwechslungsreichen Einblick in den Einsatz von Managed Legal Services. Es zeigte sich, dass diese immer häufiger von Rechtsabteilungen und Kanzleien in Anspruch genommen werden, um ihre Arbeit zu optimieren und skalierbar zu machen. Aber auch berufsrechtliche Fragen und Haftungsrisiken, die dies mit sich zieht, blieben nicht unerwähnt. Leider blieb der Begriff „Managed Legal Services“ selbst in seiner Gesamtheit etwas unscharf, doch vielfach wurde klar: Die interne Prozessanalyse ist der entscheidende Schritt zur effektiven Nutzung von Managed Legal Services.

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Nadia Neuendorf arbeitet als Produktmanagerin und Redakteurin beim FFI-Verlag. Ein Schwerpunkt ihrer Arbeit ist das Thema Legal Tech. ffi-verlag.de

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