1. Bonner Streitgespräche

Die 1. Bonner Streitgespräche: Europa und die große Datenfrage

Von Nadia Neuendorf

Am 21.02.2019 fanden an der Universität Bonn die von Frau Prof. Dr. Louisa Specht ins Leben gerufenen 1. Bonner Streitgespräche zum Daten- und Datenschutzrecht statt. Themen an diesem Abend waren die Datenverarbeitung unter der DSGVO und die aktuellen Pläne und Entwicklungen innerhalb der EU zur Errichtung einer europäischen Datenwirtschaft. Im Anschluss hatten die rund 50 Teilnehmer Gelegenheit, die aufgeworfenen Fragen zu diskutieren.

Regelt die DSGVO ein Kopplungsverbot?

Nach der Begrüßung durch Frau Prof. Dr. Louisa Specht widmete sich Referent Dr. Malte Engeler, Richter am Verwaltungsgericht Kiel, dem Thema „Datenverarbeitung als vertraglicher Leistungsgegenstand – ein Verstoß gegen das Koppelungsverbot?“.

Dabei befasste er sich mit der umstrittenen Frage, ob die DSGVO ein sogenanntes „Kopplungsverbot“ enthalte. Er ging dabei zunächst auf Wortlaut und Struktur der DSGVO sowie rechtstheoretische Grundlagen ein und gab dann einen Überblick über die bisherige Rechtsprechung und Behördenpraxis. Dr. Engeler kam schließlich zu dem Ergebnis, dass die DSGVO kein „Kopplungsverbot“, sondern lediglich eine Rechnungstragungspflicht regele. Diese führe wiederum nur dann zu einer genaueren Untersuchung der Freiwilligkeit einer Einwilligung, wenn die konkret vereinbarten Vertragsinhalte die Datenverarbeitung nicht bereits erforderlich machten. „Die Einwilligung zur Datenverarbeitung wälzt strukturelle Fragen der Digitalisierung auf das Individuum ab.“, kritisierte Dr. Engeler. Beispielhaft erwähnte er hier Online-Zeitungen, die Leser vor die Wahl stellten, die Inhalte vermeintlich kostenlos, aber mit Tracking der Nutzerdaten, oder kostenpflichtig, ohne Tracking der Nutzerdaten zu lesen. Eine solche Vorgehensweise führe dazu, dass sich Datenschutz zum Luxusgut entwickle.

Schaffung eines europäischen Datenraums

Im zweiten Vortrag gab JProf. Dr. Maximilian Becker von der Universität Siegen einen Einblick in das Thema „Aktuelle regulatorische Entwicklungen im Datenrecht auf nationaler und europäischer Ebene“. In der EU-Wirtschafts- und Rechtspolitik werden seit etwa zehn Jahren in zunehmender Frequenz Papiere und Rechtsakten zur Errichtung einer europäischen Datenwirtschaft veröffentlicht. Ein besonderer Fokus liege laut Becker auf dem freien Datenfluss in Europa und der Freigabe öffentlich finanzierter Daten durch die EU und die Mitgliedstaaten. Seit etwa zwei Jahren liefen zudem konkrete Bemühungen, um eine Wachstumssteigerung im Bereich von Künstlicher Intelligenz und Robotik zu erzielen. All diese Maßnahmen seien mit den Rechtsakten zum Personendatenschutz, der die wirtschaftlich mit Abstand interessantesten Daten erfasse, allerdings nur schwach abgestimmt. „Daher könnte die europäische Datenwirtschaft in einer Zwickmühle stecken – strenger Datenschutz lässt sich nur bedingt mit dem Traum von einer starken, eigenständigen Datenwirtschaft vereinbaren.“, so Becker.

Die zweiten Bonner Streitgespräche folgen

Es folgte eine rege Diskussion zu den aufgeführten Problemen und Plänen zum Daten(-schutz)recht, zum Beispiel darüber, inwieweit Datenschutz zum Luxusgut werde und wie die DSGVO den Grundstein für die Erhebung von Daten auch mit Künstlicher Intelligenz lege. Dies konnte bei einem Imbiss und Getränken in lockerer Atmosphäre vertieft werden. Im September soll das 2. Bonner Streitgespräch stattfinden.

Zur Website der Forschungsstelle für Rechtsfragen neuer Technologien sowie Datenrecht.

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Nadia Neuendorf arbeitet als Produktmanagerin und Redakteurin beim FFI-Verlag. Ein Schwerpunkt ihrer Arbeit ist das Thema Legal Tech. ffi-verlag.de

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