Legal Tech Meetup

KI, Predictive Analytics und mehr – das war das 12. Legal Tech NRW Meetup

Von Verena Schillmöller

Knapp 80 Teilnehmer und Teilnehmerinnen waren beim 12. Legal Tech NRW Meetup dabei, das coronabedingt erneut virtuell stattfand und gemeinsam von Legalvisio und Wolters Kluwer ausgerichtet wurde. In familiärer Atmosphäre wurden Legal Tech-Themen diskutiert; ein besonderer Fokus lag dieses Mal auf der Automatisierung von Massenverfahren und der Veränderung der juristischen Suche durch Predictive Analytics.  

Echte KI in Legal Tech-Software?

Im ersten Vortrag stellte Christian Solmecke zusammen mit seinem Team von Legalvisio den Prototyp einer neuen Legal Tech-Software zur automatischen Durchführung von PKV-Checks vor. Die KI der Software soll automatisch illegale Beitragserhöhungen von privaten Krankenkassen erkennen. Die Software wird von Legalvisio in Zusammenarbeit mit dem Legal Tech-Unternehmen Legal Analytics entwickelt. Mathias Bruckmaier von Legal Analytics demonstrierte live, wie die Software dabei helfen kann, PKV-Mandate schneller und effizienter abzuwickeln. Potenzielle Mandanten und Mandantinnen können ihre Beitragserhöhungsschreiben selbst über ein Widget auf einer Website hochladen.

Die Software kann erkennen, ob es sich um eine illegale Beitragserhöhung handelt – und falls ja, ein außergerichtliches Schreiben an die Versicherung erstellen. Die KI kann mehrere Schreiben auf einmal auf nicht rechtmäßige Beitragserhöhungen analysieren; Arbeitszeiten von Anwältinnen und Anwälten könnten somit deutlich reduziert werden. Allerdings ist die Software noch in der Entwicklungsphase. Ein Problem, das sich in der Praxis ergeben könnte, ist z. B. eine nicht ausreichende Scanqualität der Schreiben. Das kann dazu führen, dass die KI Zahlen nicht richtig erkennt oder verwechselt.

Die juristische Recherche der Zukunft

Der anschließende Vortrag von Christian Hartz, Legal Engineer bei Wolters Kluwer, hatte „Predictive – the future of Legal Research“ zum Thema. Hartz wagte einen Ausblick darauf, wie sich die juristische Suche in Zukunft verändern wird. Zunächst beschrieb er den Ablauf der klassischen juristischen Suche heutzutage: Aus einem bestimmten Anlass werden Stichworte, Normen oder Fundstellen in die Suchoberfläche eingegeben und der Anwalt oder die Anwältin erhält als Ergebnis vollständige Dokumente. Diese Dokumente werden dann wiederum von Anwält:innen angeschaut und eingeordnet.

Predictive Analytics soll in Zukunft noch viel mehr können: Die entsprechenden Dokumente werden bereits hinsichtlich der jeweiligen Frage analysiert (Analytics) und es wird eine Vorhersage über den möglichen Ausgang des Falls getroffen (Predictive). Außerdem werden dem Anwalt oder der Anwältin Handlungsvorschläge gemacht (Prescriptive). Als Ergebnisse erhalten Suchende nicht mehr ganze Dokumente, sondern nur die Teile der Dokumente, die für ihre Arbeit relevant sind.

Das könnte so weit gehen, dass Ergebnisse direkt innerhalb des Workflows angezeigt werden (z. B. das Anzeigen von weiterführender Literatur oder Normen beim Lesen einer E-Mail oder eines Dokuments).

Kann man Erfolg kaufen?

Den letzten Vortrag des Abends hielt Steffen Matz von VerbraucherRitter, einer Legal Tech-Plattform zur Durchsetzung von Verbraucherrechten. In Zusammenarbeit mit Partnerkanzleien wurde von VerbraucherRitter ein System entwickelt, dass kostenlos Schadensersatzansprüche (z. B. zum Abgasskandal) bewertet.

Matz ist der Auffassung, dass viele Bereiche der juristischen Arbeit automatisiert werden könnten. Er stellte die These auf, dass Rechtsdienstleistungen für Mandant:innen bzw. Kund:innen einfacher nachvollziehbar und vorhersehbarer sind, wenn sie digitalisiert sind.

Weiterhin werden Rechtsanwaltskanzleien seiner Ansicht nach einen Wandel zu Wirtschaftsunternehmen durchlaufen und zunehmend in Marketing und Akquise investieren müssen. Da sei es optimal, wenn möglichst viele Prozesse automatisiert funktionieren. Zudem prognostizierte er, dass Anwälte und Anwältinnen in Zukunft sehr genau die Wahrscheinlichkeit vorhersagen können, mit der ein Fall gewonnen werden kann. Das würde dazu führen, dass man beim Anwalt oder der Anwältin nicht mehr den Prozess, sondern bereits das Ergebnis „kaufen“ könnte.

Ausblick auf das nächste Legal Tech Meetup

Zum Abschluss der Veranstaltung gab es einen Ausblick auf das nächste Legal Tech Meetup: Es wurde der Wunsch geäußert, sich wenn möglich wieder persönlich zu treffen und auch ein aktuelles Thema wurde bereits ins Gespräch gebracht: das vor kurzem verkündete Urteil des BGH zum Vertragsgenerator Smartlaw.

Foto: ©Legal Tech Meetup
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Verena Schillmöller ist beim FFI-Verlag in den Bereichen Produktmanagement und Redaktion tätig. Ein Schwerpunkt ihrer Arbeit ist der Bereich Legal Tech.

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