Blockchain-Reihe Teil 1: Technologie und Juristisches einfach erklärt

Von David Sanker

Spätestens seit dem Hype um Bitcoin und der Blockchain Ethereum mit seinen Smart Contracts versuchen Juristen auch hierzulande zu begreifen, welche Auswirkungen für das Rechtswesen entstehen.

Das erwartet Sie in der Blockchain-Artikelreihe von David Sanker:

  • die Technologie selbst,
  • die Besonderheiten für die Rechtspraxis,
  • konkrete Beispiele und
  • Probleme der Rechtspolitik.

I. Blockchain, Technologie und Rechtswissenschaft

Dieser erste Teil soll die technischen Elemente den rechtlichen gegenüberstellen.

1. Technische Elemente

Zunächst: Die Blockchain ist Software und besteht aus Code, der z. B. so aussehen kann:

Aus technischer Sicht benötigt eine Blockchain vier Elemente, die wie folgt zusammenspielen:

  1. Das Peer-2-Peer-Netzwerk
  2. Datenbankanwendungen
  3. Applikationen
  4. Verschlüsselungstechnik/Kryptographie

Dem Zweck der Blockchain entsprechend,  findet die Datenerhebung, welche zum Beispiel eine Transaktion sein kann, bei den Usern des Netzwerks statt. Dieser Austausch  zwischen den Teilnehmern (Nodes) soll dann in die für alle geltende und bei jeder node (dezentral) gespeicherten Datenbank eingetragen werden, wenn sich „das System“ darauf geeinigt hat, dass die Datenerhebung „eintragungswürdig“ ist. Dies geschieht ausschließlich über ein kryptographisches Verfahren, das im Rahmen von Kryptowährungen mining genannt wird. Sollte sodann über das mining ein definitiver Datenbankeintrag erfolgen (consensus), wird dieser zu einer Hash-Summe zusammengefasst und nach einer festgelegten Zeitspanne ein zusammengefasstes Datenpaket „geschnürt“ (der Block), der neben den Datenerhebungen auch einen Zeitstempel und jeweils die Hash-Summe des vorherigen Blocks erhält.

2. Rechtselemente

Ein Vorschlag für eine Definition von Blockchain im Zusammenhang mit dem Legal-Bereich/Rechtsberatung:

Eine Blockchain ist ein digitales, hinreichend dezentralisiertes Register, bestehend aus Daten, die durch kryptographische Verfahren verarbeitet werden.

Diese Merkmale enthalten auch die wesentlichen technischen Elemente.

a) Digitales Register

Eine Blockchain ist eine Datenbank. Richtigerweise enthält eine Blockchain ein Register, das Informationen speichert (ledger). Das Register ist rein digital.

b) Dezentralisierung

Ein wesentlicher Bestandteil der Blockchain ist ein Netzwerk. Das größte und bekannteste Netzwerk ist das Internet. Der bekannteste Internetdienst ist das World Wide Web (WWW). Eine Blockchain wäre (lediglich) ein weiterer Internet- oder ggf. Intranetdienst und insofern ein Ersatz für das WWW.

Bei einer Blockchain haben alle Teilnehmer eine (mehr oder weniger) vollständige Kopie des gesamten Registers und es gibt keinen zentralen Server, der die Kommunikation zwischen den Clients regelt und verwaltet (Server-Client-Struktur).

Ein Peer-to-Peer-Netzwerk (P2P) ist ein Zusammenschluss von einzelnen Rechnern, mit dem Ziel des gegenseitigen Datenaustauschs, wobei es zwischen den einzelnen Rechnern keine Hierarchie gibt, mithin alle Teilnehmer gleichberechtigt agieren.

c) Hinreichend dezentralisiert

Die Datenverarbeitung zwischen den Netzwerkteilnehmern muss auf eine bestimmte Art und Weise erfolgen.

Hinreichend dezentral ist ein Datenverarbeitungsprozess, wenn er weit überwiegend im Wege eines konsensualen und kryptographischen Verfahrens zustande kommt.

Während bei einer Server-Client-Architektur der Client (Teilnehmer, User) „seine“ Daten an den Server sendet, wo sie zentral verarbeitet, gespeichert und zugänglich gemacht werden, fehlt in einem rein dezentralen Netzwerk ein solcher Server [1].

Die Aufgabe des Servers in der „klassischen Konstellation“ wird bei einer Blockchain durch Kryptographie wahrgenommen [2].

Durch kryptographische Algorithmen wird das double spending-Problem gelöst, welches dann auftritt, wenn es keine Gewährleistung für die Integrität eines Systems gibt, z. B. dass ein Wert (Asset) mehrfach verbucht wird, was im Rahmen einer Währung unmöglich sein muss.

Durch kryptographische Algorithmen wird das double spending-Problem gelöst, welches dann auftritt, wenn es keine Gewährleistung für die Integrität eines Systems gibt, z. B. dass ein Wert (Asset) mehrfach verbucht wird, was im Rahmen einer Währung unmöglich sein muss.

Nur so kann eine echte Gleichberechtigung unter den Nodes bestehen.

d) Kryptographie

Im Rahmen einer Blockchain ist die  Verschlüsselung essentieller Natur, nicht bloß im Hinblick auf Datenschutz und Datensicherheit.

Verschlüsselungstechniken führen über ein Konsensverfahren - bei Kryptowährungen insbesondere über das sog. Mining – zur Datenverarbeitung und bieten gleichzeitig die erforderliche Datenintegrität. An dieser Stelle erfolgt lediglich der Hinweis, dass Konsens dadurch erreicht wird, dass unter Zuhilfenahme von Rechnerleistung (Hardware und Strom) eine Rechenoperation durchgeführt wird, wobei dies auf dem Wege Trial-and-Error geschieht.

Anschließend wird der Hash-Wert des sodann „gewonnenen“ Blocks notwendiger Bestandteil des nächsten Blocks, sodass es praktisch nicht möglich ist, einen Block alleine zu manipulieren, ohne den Ursprungsblock zu verändern, mithin die gesamte Blockchain anzugreifen. Das allerdings erfordert Ressourcen (Strom und Hardware), die bei einer großen Blockchain,  wie der von Bitcoin, wirtschaftlich sinnlos wären.

Die hinter der Kryptographie stehenden mathematischen Funktionen können von Laien lediglich in ihrer Wirkung und Bedeutung erfasst, ohne fundierte Kenntnisse aber nicht nachvollzogen werden. Gleichwohl ist sie das wichtigste Element für das Verständnis der Blockchain als „Legal Technology“, weil es die Essenz dessen ist, was die Blockchain-Technologie im Wesen ausmacht: Vertrauen.

e) Applikation

Aus Sicht des Rechtsanwenders von geringem Interesse ist das technische Element der Applikation: Eine Blockchain kann sowohl mehr oder weniger selbst eine Anwendung sein (z. B.  die Bitcoin Blockchain), oder „nur“ ein Protokoll für eine andere Software (z. B. ein Kassensystem).

2. Zusammenfassung

Eine Blockchain ist eine kryptographische Datenverarbeitung in einem dezentralen P2P-Netzwerk. Durch das Wesenselement der (scheinbar) ideologie-, manipulations- und fehlerfreien Mathematik der Kryptographie wird der zentrale Server oder die Institution ersetzt.

Die Blockchain stellt einen digitalen (gerichtsfesten) Beweis in Echtzeit dar, dass ein bestimmter Tatbestand (und womöglich auch eine bestimmte Rechtsfolge) stattgefunden hat. Sie ist wie die Sachverhaltsdarstellung im ersten juristischen Staatsexamen: Der Sachverhalt steht fest. Er ist als wahr zu unterstellen.

[1] Obgleich es P2P Netzwerke gibt, die ebenfalls zentrale Server verwenden.
[2] Durch kryptographische Algorithmen wird das double spending-Problem gelöst, welches dann auftritt, wenn es keine Gewährleistung für die Integrität eines Systems gibt, z. B. dass ein Wert (Asset) mehrfach verbucht wird, was im Rahmen einer Währung unmöglich sein muss.
Foto: Fotolia.com/VIGE.co
Grafiken: David Sanker
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David Sanker ist Rechtsanwalt, Unternehmensberater und Legal Tech-Unternehmer. Seine Schwerpunkte sind das (Wirtschafts-)Strafrecht, Compliance und Cyber-Security, Kryptographie und Digitalisierung sowie Bürgerrechte.
legalflow.eu

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