Anwalt2019

Anwalt2019 – Der bayerische Weg ins digitale Kanzleizeitalter

Von Markus Weins

Der Bayerische Anwaltverband richtete am 11. November zum zweiten Mal die Legal Tech-Konferenz „Anwalt2019“ aus, die insbesondere kleineren bis mittelgroßen Kanzleien mit praktischen Tipps den Weg in die Digitalisierung erleichtern sollte. Dazu hat das Team um Michael Dudek eine vielversprechende Mischung aus Themen, Fachleuten und Praktiker/innen zusammengestellt, um sich einen Tag lang mit den Auswirkungen der Digitalisierung auf Anwaltsberuf, Kanzleialltag und Recht kritisch-konstruktiv zu befassen.

Die diesjährige Konferenz Anwalt 2019 fand im hellen, modernen und technisch bestens ausgestatteten hbw ConferenceCenter des Hauses der Bayerischen Wirtschaft statt.  Nicht nur der erste Eindruck der Location stimmte-überhaupt wurde der Kongress durch den Veranstalter, des Bayerischen Anwaltverbands in Zusammenarbeit mit der MAV GmbH sehr professionell organisiert, so dass sich die mehr als 100 Teilnehmer gut versorgt sahen und ganz auf die spannenden, aber auch fordernden Vorträge konzentrieren konnten.

Legal Tech ­– Gegenwart und nahe Zukunft

In seiner Begrüßung stellte Michael Dudek klar, dass das Ziel der Veranstaltung sei, zunächst den aktuellen Stand der Digitalisierung vorzustellen, um dann einen Ausblick in die nahe Zukunft zu geben. Visionen würden übrigens woanders geteilt, denn alles sollte möglichst praktisch und wenig theoretisch vermittelt werden.

Kritik am besonderen elektronischen Anwaltspostfach (beA), aber auch Lob!

Den Anfang machte Ministerialdirigent Heinz‑Peter Mair, Abteilungsleiter im Bayerischen Justizministerium, der den elektronischen Rechtsverkehr in der Praxis beschrieb. Positiv sei, dass die  Anzahl der elektronischen Eingänge der bayerischen Gerichte zunähme und bei einigen Gerichten bereits bei bis zu 40% lägen.

Tendenz steigend. Weniger erfreulich beschrieb er die technischen Probleme mit dem beA. Doch als Fazit blieb hängen, dass die Digitalisierung auch dank dem beA voranschreitet und die Arbeit aller Beteiligten stetig vereinfacht werden würde.

Legal Tech kommt gerade in den Köpfen an. Und geht auch nicht mehr weg!

Gespannt folgten die Teilnehmer dem Vortrag einer der „Women of Legal Tech 2018“, Dr. Christina-Maria Leeb, die sich in jüngsten Zeit als eine der versiertesten und innovativsten Legal Techerinnen Deutschlands einen Namen gemacht hat. Leeb belegte durch mehrere Umfrageauswertungen, dass die Digitalisierung in den Köpfen der Anwaltschaft immer besser ankommt und als zunehmend positiv aufgefasst wird: „Legal Tech geht nicht mehr weg!“. Es folgte eine sehr konkreter Abriss der heute bereits nutzbaren Legal Tech-Möglichkeiten und konkrete Aufforderungen, wie: „Machen Sie Ihre Website für die Handys ihrer Mandanten nutzbarer. Sofort!“.

Werbeblock 1: Die Methode von METHODIGY – live!

Den ersten „Werbeblock“ übernahm Uwe Horwarth, der versprach, dass nun keine Werbeveranstaltung folgen würde – und auch Wort hielt. Horwarth stellte METHODIGY als eine Legal Tech-Software vor, die die Grundlage für die automatisierte Erstellung von Schriftsätzen und Verträgen bildet. Dabei ging er live in die Anwendung rein, wodurch die praktische Nutzung sehr gut sichtbar wurde.

Edith Kindermann: Schlau, strukturiert, abwägend, pointiert, unterhaltend!

Mit viel Vorfreude erwartet wurde der Vortrag der DAV-Präsidentin Edith Kindermann, die die aktuellen Formen der Zusammenarbeit in der Anwaltschaft vorstellte. Kindermann versteht es wie kaum eine Zweite scheinbar mühelos, aus dem Stehgreif und ohne Leinwand-Präsentation selbst komplizierteste Sachverhalte verständlich darzulegen und dabei kurzweilig, pointiert und ausgestattet mit einem herrlich-trockenen Humor Klartext zu reden. Das allein ist den Eintritt wert!

Edith Kindermann kommentierte das Eckpunktepapier des BMJV vom August 2019 zur Neuregelung der anwaltlichen Berufsausübungsgesellschaften. Besonderes Augenmerk legte sie dabei auf das Zusammenspiel der unterschiedlichsten Fragestellungen aus Europa-, Gesellschafts-, Berufs-, Haftungs- und Vergütungsrecht.

Legal Design als Basis für die Entwicklung eines Digitalen Konzepts

Nach der Mittagspause stellte aus dem hohen Norden angereist die ebenfalls zur „Woman of Legal Tech“ gekürte Zoë Andreae (Geschäftsführerin von LECARE GmbH) die Vorzüge von Legal Design als „Entwicklungshilfe“ technischer Legal Tools vor. Was ihren Vortrag so lebendig machte, war der Umstand, dass sie die Theorie des Systems sehr anschaulich an der Darstellung eines Workshops darstellte, an dem sie und ein LECARE-Team selbst teilgenommen haben. Viele Fotos, viele Geschichten, viel Verständnis!

Werbeblock 2: Datenbankrecherche kann so einfach sein!

Auch Georg Günther von juris verstand es wie zuvor Horwarth kurzweilig und nutzenstiftend zu informieren und das auf eine unterhaltsame Art und Weise. Und das, indem er die neue juris-Suchoberfläche vorstellte und hier mit guten Tipps und Tricks die vielfältigen Möglichkeiten der Datenbankrecherche aufzeigte. Das wird sicher nicht wenigen im Saal die tägliche Arbeit nachhaltig erleichtern und war damit dann doch eine gute Werbung für die Nr. 2 juristischer Datenbanken.

Verhaltensstrategien bei behördlichen Datenerhebungen

Dass das Thema DSGVO nicht von Natur aus langweilig oder nervig sein muss, bewies der bayerische Landesdatenschutzbeauftragte, Prof. Dr. Thomas Petri. Er gab den Teilnehmern anhand von zwanzig Thesen wertvolle Tipps für den Umgang mit behördlichen Datenerhebungen in den unterschiedlichsten Bereichen. So empfahl er, nicht nur die gesetzliche Datenerhebungsbefugnis der Behörde, sondern auch die eigene Erlaubnis zur Datenübermittlung kritisch zu prüfen und gegebenenfalls die Datenübermittlung zu verweigern. Der Saal war ganz Ohr!

Werbeblock 3: Legal Tech macht auch vor Kanzleisoftware nicht halt!

Thilo Mollenhauer durfte als dritter Partner die Anforderungen und Leistungen einer zeitgemäßen Kanzleisoftware am Beispiel der Cloud-Software ACTAPORT vorstellen. Dabei widerstand er der Versuchung einer reinen Produktwerbung und konzertierte sich auf den grundsätzlichen Vergleich zwischen einer Cloud-Software und einer traditionellen, serverbasierten Kanzleisoftware.

Was Tim Bendzko dazu wohl sagen würde?

Michael Dudek überraschte vor seinem Schlusswort mit der Einspielung des aktuellen Tim Bendzko Songs „Hoch“, um Veränderungen in der Beziehung zwischen Anwalt und Mandant durch die Digitalisierung und smarte Business-Modelle deutlich zu machen. Dabei ging es auch um die Frage, wo Legal Tech in der Mandatsbearbeitung für beide Seiten einen echten Mehrwert bringt und wo nicht.

Teilnehmer Paul Schirmer zur Veranstaltung:

„Es war wirklich spannend und sehr lehrreich auch die Sichtweise von kleineren Kanzleien kennenzulernen, die bei vielen anderen Legal Tech Events eher unterrepräsentiert sind. Die These von Christina-Maria Leeb, dass jede Kanzlei eine Digitalisierungsstrategie braucht, war ein wichtiges Key Take Away für alle Teilnehmer. Auch wir denken: völlig unabhängig davon, wie man der Digitalisierung an sich begegnet, sollte man wissen, wie man ihr begegnen will. Wenn am Ende des Strategiefindungsprozesses die Erkenntnis steht, dass man die Veränderungen einfach aussitzen will, ist dies ein ebenso gutes Ergebnis, wie die Entscheidung, die Digitalisierung als Chance für die eigene Entwicklung zu begreifen.“

Das Fazit:

„Anwalt2019“ war eine kleine, feine Veranstaltung, die kleinen und mittelgroßen Kanzleien ganz konkrete Ideen in Form von Legal Tech-Tipps mit auf den Weg gibt. Hier wird sich viele Mühe bei der Auswahl der Themen und RednerInnen gemacht. Auch die Auswahl und Einbindung der Partner gelingt gut, was diesen und den Teilnehmern gleichermaßen nützt. Weitere Pluspunkte sind die Wahl der Location und die sehr gute Organisation der MAV Seminare GmbH. Und das alles für einen sehr fairen Preis ab 250 € (für BAV-Mitglieder). Man darf also gespannt sein auf das Programm Anwalt2020, denn bis dahin wird sich sicher wieder viel tun- in den Köpfen der Anwältinnen und Anwälte und in den Entwicklungslaboren der Legal Tech-Anbieter.

Impressionen

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Markus Weins ist Geschäftsführer des FFI-Verlags, das Unternehmen hinter legal-tech.de. Von 2008 bis 2014 leitete Markus Weins den Bereich Marketing und Vertrieb des Deutschen Anwaltverlags. 2015 gründete er den FFI-Verlag mit Sitz in Hürth bei Köln.
freie-fachinformationen.de ffi-verlag.de.

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